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Zum Fall von Habiba al-Askari

Dieses Kleinkind hat nur noch wenige Tage zu leben, warnen die Ärzte. Aber Israel hat ihre medizinische Evakuierung aus dem Gazastreifen gestoppt“ lautete der Titel eines CNN-Beitrags am vergangenen Freitag (31.01.2025). Dabei ging es um die zweijährige Habiba al-Askari, deren Arme und Beine von Wundbrand befallen sind, nachdem eine seltene genetische Erkrankung – ein Protein-C-Mangel – eine übermäßige Blutgerinnung verursacht, die zu einem langsamen Tod führt. An und für sich ist die Krankheit gut behandelbar, allerdings nicht in Gaza, wo die medizinischen Einrichtungen und die Gesundheitsversorgung von der israelischen Armee zerstört wurden. Anfang Jänner bemühten sich internationale Hilfsorganisationen um eine Genehmigung der israelischen Behörden, damit Habiba den Gazastreifen zur Behandlung verlassen kann.


Nach Angaben von COGAT, jener israelischen Behörde, die die Genehmigungen für die Ein- und Ausreise aus dem Gazastreifen koordiniert, erhielt Habiba die offizielle Erlaubnis, den Gazastreifen zu verlassen. Nach den ersten CNN-Berichten zu diesem Fall erklärte sich Jordanien sofort bereit, Habiba zur schnellstmöglichen Behandlung nach Amman zu bringen. Am 27. Jänner wurde eine komplizierte Mission in Gang gesetzt, bei der das jordanische Militär bereitstand, um Habiba am Mittwoch zu evakuieren. Doch in letzter Minute verhinderten die israelischen Behörden die Mission, wie die jordanischen Behörden gegenüber CNN erklärten – ein furchtbarer Schock für ihre Familie und die behandelnden Ärzte. Habiba musste in Gaza bleiben, wo sich ihr Zustand von Stunde zu Stunde verschlechterte. Ihre Arme und Beine wurden vom Wundbrand schwarz und sie musste, nachdem ihr Herz zweimal stehen geblieben war, reanimiert werden.


Der amerikanische Kinderarzt Dr. Mohamed Kuziez aus Colorado war auf medizinischer Mission in Gaza und behandelte Habiba zum ersten Mal vor einigen Wochen in Gaza-Stadt. Er überwachte ihre Behandlung, während die Mediziner auf die israelische Erlaubnis warteten, sie in den Süden von Gaza zu verlegen – ein erster Schritt im Evakuierungsprozess. Doch kaum war Dr. Kuziez wieder in den USA gelandet, erhielt er die Nachricht von der dramatischen Verschlechterung ihres Zustands. „Ich versuche, der Mutter beizustehen und ihr jeden erdenklichen medizinischen Rat zu geben“, berichtet er und unterdrückt dabei die Tränen. „Aber im Hinterkopf machte ich mir Sorgen, dass es vielleicht schon zu weit gekommen war. Die Hoffnung für sie schwand von Minute zu Minute.“ Als Dr. Kuziez den Gazastreifen verließ, so erinnert er sich, „wollte ich Habiba am liebsten in meine Arme nehmen und mit ihr über die Grenze laufen.“


Am Sonntag, dem 2. Februar 2025, verzögerte Israel die Freigabe der Evakuierung ein weiteres Mal – es verschob die lebensrettende Evakuierung erneut und weigerte sich, Habibas Mutter Rana zu erlauben, ihre Tochter zu begleiten. Jordanische Beamte arbeiteten hinter den Kulissen unter Hochdruck, um doch noch die israelische Genehmigung für Rana zu erhalten, Habiba und den Bruder des Mädchens, Soheib, zu begleiten. Um Habiba eine lange und gefährliche Reise zu ersparen, hatte Jordanien einen Lufttransport durch sein Militär von der Grenze zwischen Israel und Gaza aus beantragt, aber Israel lehnte diesen Antrag ab und genehmigten nur einen Landtransport.


Schließlich wurde die Genehmigung für die Ausreise der gesamten Familie aus dem Gazastreifen von Seiten Israels am Montag, 3. Februar 2025, erteilt. Sofort wurden das Kleinkind und seine Familie vom Gesundheitsministerium des Gazastreifens zunächst in einem Krankenwagen zum Grenzübergang Kerem Shalom nach Israel gebracht und dort einem jordanischen Ärzteteam übergeben. Habiba wurde dann durch Israel und über die König-Hussein-Brücke, auch bekannt als Allenby-Brücke, nach Jordanien gefahren, wo ein auf Anordnung von König Abdullah II. entsandtes medizinisches Team in einem Hubschrauber wartete, um sie in ein Krankenhaus in Amman zu bringen.




Gestern berichtete die die CNN-Koorespondentin Jomana Karadsheh aus Amman nach einem Besuch bei Habiba im Krankenhaus – derzeit kämpfen die Ärzte darum, ihre Gliedmaßen zu retten, es ist jedoch wahrscheinlich, dass ihr beide Arme und ein Bein amputiert werden müssen.


Habiba ist eines von mindestens 2 500 Kindern in Gaza, die nach Angaben der UNO dringend medizinisch evakuiert und versorgt werden müssten. Im Rahmen des am 19. Jänner in Kraft getretenen Waffenstillstand-Abkommens zwischen Israel und der Hamas sollten die israelischen Behörden die Zahl der BewohnerInnen des Gazastreifens eigentlich erhöhen, die zur Behandlung ins Ausland gebracht werden dürfen. Doch in den ersten zwei Wochen nach dem Abkommen fand keine medizinische Evakuierung aus Gaza statt, erst am Samstag (1. Februar 2025) verließen laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) 37 PatientInnen und 39 Begleitpersonen Gaza von Rafah aus. Die letzte Evakuierung davor war am 16. Januar, nach Angaben der WHO wurden nur zwölf PatientInnen in europäische Länder evakuiert.


Nach Angaben der Vereinten Nationen warten noch immer zwischen 12 000 und 14 000 Menschen in Gaza auf eine dringend notwendige medizinische Evakuierung.



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Informationen entnommen aus:

This toddler has days to live, doctors warn. But Israel has paused her medical evacuation from Gaza

Von Jomana Karadsheh and Abeer Salman, CNN, 31.01.2025

Toddler who has just days to live evacuated from Gaza for urgent medical care

Von Jomana Karadsheh and Abeer Salman, CNN, 04.02.2025

Disease puts 2-year-old girl in a race against time in Gaza

Colorado pediatrician helping children in Gaza, "the most dangerous place in the world to be a child"

Von Michael Abeyta, CBS News Colorado, 25.01.2025

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