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Vor einem Jahr hat mich ein israelischer Luftangriff lebendig begraben. Ich versuche immer noch, mich zu befreien.

Ich bin dankbar, dass ich den Angriff auf mein Haus überlebt habe. Aber überleben ist nicht dasselbe wie leben, und die Gesichter derer, die es nicht geschafft haben, verfolgen mich in jeden Winkel meines Geistes.

 

Von Mohammed R. Mhawish, 972Mag, 10. Dezember 2024

(Originalbeitrag in englischer Sprache)

 

Gegen 7:30 Uhr am Morgen des 7. Dezember 2023 hallten die winzigen Schritte meines Sohnes im Flur wider, als ich nach meiner Tasse Tee griff. Nach einer Woche Abwesenheit von zu Hause, in der ich über den israelischen Angriff auf den Gazastreifen berichtet hatte, der damals in den zweiten Monat ging, war ich am Abend zuvor zu meiner Familie zurückgekehrt. Ich versuchte, in unseren Mauern ein Gefühl der Ruhe zu schaffen, weit weg von dem Chaos und dem Terror draußen. Es dauerte nur Sekunden.


Was dann geschah, war mit nichts zu vergleichen, was ich je zuvor gehört hatte: eine reißende, heulende Explosion, die alles um mich herum in einem Augenblick zerstörte. Ich sah nicht, wie die Decke zerbrach oder die Wände einstürzten; ich spürte nur das plötzliche, erdrückende Gewicht, als die Welt über mir zusammenbrach. Es war nicht, als würde ich fallen, sondern eher, als würde ich in der Erde ersticken. Mein Körper krümmte sich unter den Trümmern – die Arme eingeklemmt, die Beine eingeklemmt, die Rippen gegen den scharfen Beton gequetscht.

Ich versuchte zu schreien, aber das Geräusch wurde zu einem erstickten Röcheln, das von der Dunkelheit verschluckt wurde. Meine Brust brannte von der Anstrengung, aber ich schrie trotzdem weiter und rief nach meiner Frau Asmaa, meinem 3-jährigen Sohn Rafik und meinen Eltern. Ihre Namen hallten in meinem Kopf wider, als die Zementschichten noch fester auf mich drückten.


Dann kam der Geruch: verbrannter Beton, metallisches Blut, etwas Stechendes, das ich nicht zuordnen konnte. Ich bewegte meine Hand, schnitt mich an zerbrochenem Glas und versuchte, in der Leere um mich herum nach etwas Lebendigem zu tasten. Meine Fingerspitzen fanden Trümmer, scharf und kalt. Darunter war nichts.


„Rafik!“ rief ich erneut - und dieses Mal glaubte ich, ihn zu hören. Schwach, so schwach, eine kleine Stimme, die die Stille durchbrach: „Baba.“ Erleichterung und Entsetzen prallten in meiner Brust aufeinander. Er war am Leben, aber irgendwo außerhalb meiner Reichweite, so tief begraben wie ich selbst. Ich versuchte, mich zu bewegen, aber der Schmerz, roh und unerbittlich, riss mich mit sich. Meine Beine waren nutzlos. Meine Arme wollten mir nicht gehorchen.


Die Zeit verschwamm in einem Schleier aus Schmerz und Erschöpfung. Minuten dehnten sich zu Stunden aus, oder vielleicht war es auch andersherum. Die Luft wurde dünner, und der Staub setzte sich wie Zement in meiner Lunge fest. Mein Kopf pochte bei jedem flachen Atemzug. Ich wollte weinen, schreien, mich zu meinem Sohn durchkämpfen, aber mein Körper war in quälender Stille gefangen.


Irgendwo über mir konnte ich schwache Geräusche hören – bröckelnde Felsen, gedämpfte Stimmen. Es schien mir unmöglich, dass ich mir vorstellen konnte, heil wieder herauszukommen. Jedes Geräusch brachte Hoffnung und Verzweiflung gleichermaßen mit sich.


Was, wenn sie uns zu spät erreichten?


Was, wenn sie uns gar nicht erreichten?


Mir gingen schreckliche Bilder durch den Kopf: der kleine Körper meines Sohnes, der unter dem Gewicht der Trümmer zerquetscht wurde; meine Frau, die allein eingeschlossen war; wir alle, die wir unter den Trümmern unseres Hauses vergessen waren.

Ich wurde ohnmächtig.


Als die Rettungskräfte nach etwa zwei Stunden endlich zu mir durchbrachen, war das Licht blendend und stach in die Schwärze, in der ich stundenlang gefangen gewesen war. Hände griffen nach mir, grob, aber sicher, und ich spürte, wie sich der Schutt von meinem Körper löste wie eine Hautschicht. Der Schmerz war unerträglich.


Nachdem ich befreit worden war, sah ich als erstes das Gesicht meines Sohnes. Seine großen, tränenüberströmten Augen blickten mich an, erfüllt von einem Schrecken, wie ich ihn noch nie gesehen hatte. Sein kleiner Körper war in Staub gehüllt, sein Haar verfilzt von Schweiß und Schmutz. Er weinte nicht mehr – er war zu verängstigt und hatte so große Schmerzen, dass er es nicht mehr konnte.


Ich wollte ihn in meine Arme ziehen, ihn so festhalten, dass keiner von uns jemals wieder Angst haben würde. Aber ich konnte nicht. Meine Arme, meine Beine, mein ganzer Körper hatten bereits aufgegeben.


Sie trugen ihn zu mir und legten ihn auf meinen Arm, und ich spürte, wie sein kleines Herz wie das eines gefangenen Vogels schlug. Ich flüsterte immer wieder seinen Namen, um ihn zu beruhigen. „Baba ist da“, sagte ich, obwohl meine Stimme gebrochen war. Aber die Wahrheit war, dass ich nicht da war. Nicht ganz. Ein Teil von mir lag immer noch unter den Trümmern, erstickte immer noch in dieser endlosen schwarzen Grube.


Ich schaute mich nach Asmaa um. Rettungskräfte trugen sie aus den Trümmern, während sie sich den Bauch hielt und ihr Gesicht blutverschmiert war. Sie war am Leben, aber ihre Augen starrten mich unverwandt an. Ich wusste, dass sie dasselbe suchte wie ich: einen kleinen Rest der Sicherheit, die wir einst in dem Haus empfunden hatten, in dem wir gelacht, gestritten und unsere Pläne für die Zukunft geschmiedet hatten und das nun nur noch aus zertrümmertem Beton und verbogenem Stahl bestand.


Auch meine Eltern hatten überlebt, allerdings mit schmerzhaften Schrapnellwunden: Metall und Glas waren tief in den Rücken meiner Mutter und in die Beine meines Vaters eingedrungen.

Die Sanitäter versuchten, mich auf einer Bahre wegzutragen, aber ich weigerte mich zu gehen, bis ich wusste, dass sie alle gefunden hatten. Sie versprachen mir, dass sie es tun würden, aber ihre Gesichter verrieten eine andere Geschichte. Stundenlang saß ich auf dem Boden, unfähig, mich zu bewegen, und sah zu, wie sie sich durch die Trümmer gruben und mehrere leblose Körper herausholten - darunter zwei Mitglieder meiner eigenen Großfamilie und zwei weitere junge Männer aus Familien, die mit uns untergebracht waren. Jede Leiche, jedes blutverschmierte Spielzeug und jedes zerstörte Möbelstück, das sie fanden, fühlten sich an, als würde ein weiteres Stück von mir genommen werden.


Schließlich brachten sie uns ins Krankenhaus. Ich erinnere mich an das gedämpfte Licht, das kalte Metall der Bahre, das hastige Flüstern der Ärzte. Sie stießen und drückten an mir herum. Ihre Gesichter waren grimmig, als sie die Brüche meines Ellbogens, meiner sieben Finger und beider Knöchel sowie des Arms meiner Frau aufzählten, meine inneren Blutungen und die Kratzer und blauen Flecken, die wir alle hatten und die erst nach Monaten abklingen würden. Aber den wirklichen Schaden konnte man weder sehen noch behandeln.


In den folgenden Tagen konnte ich kaum sprechen, essen oder schlafen. Jedes Mal, wenn ich die Augen schloss, befand ich mich wieder unter den Trümmern, erstickte am Staub, hörte die leisen Schreie meines Sohnes und fragte mich, ob ich dieses Mal nicht aufwachen würde. Ich hörte ganz auf zu sprechen - nicht, weil ich keine Worte hatte, sondern weil mir keines groß genug erschien, um meine Gefühle zu beschreiben. Wie kann man beschreiben, wie es sich anfühlt, wenn alles, was man liebt, zu einem Nichts reduziert wird?


In diesen Tagen, in denen sich der Angriff vor einem Jahr im Kairoer Exil jährt, höre ich die Explosion immer noch in meinen Träumen. Ich wache immer noch schweißgebadet auf und strecke die Hand aus, um mich zu vergewissern, dass mein Sohn neben mir atmet. Die körperlichen Narben sind größtenteils verheilt, aber die emotionalen Narben sind noch so frisch wie am Tag des Geschehens. Die Leute sagen mir, ich solle dankbar sein, dass wir überlebt haben, und das bin ich auch. Aber überleben ist nicht dasselbe wie leben.


Es stimmt, meine Umgebung ist nicht vom Krieg gezeichnet. Die Luft ist sauberer, die Straßen sind ruhiger. Die Menschen hier zucken bei lauten Geräuschen nicht zusammen; sie müssen ihren Kindern nicht erklären, warum der Himmel Feuer regnet oder warum sich ihr Haus in einen Friedhof verwandelt hat. Und doch fühlt sich das Überleben hier wie eine eigene Qual an: Jeden Morgen schaue ich in die Nachrichten und habe Angst, bekannte Gesichter zu sehen oder bekannte Namen zu lesen.


An diesem Morgen hatten wir Glück – wenn man das so nennen kann. Aber viele andere hatten es nicht. Mitglieder meiner Großfamilie und andere Vertriebene aus dem Gazastreifen, die bei uns Zuflucht gesucht hatten, NachbarInnen, die seit Jahrzehnten in unserer Straße wohnten, und PassantInnen, die zufällig zur falschen Zeit am falschen Ort waren, wurden von der Explosion vernichtet. Die Leichen der Menschen, mit denen wir Mahlzeiten, Geschichten und Lachen geteilt hatten, wurden Stunden später gebrochen und leblos aus den Trümmern gezogen. Ihre Namen, Gesichter und Stimmen begleiten mich jeden Tag und verfolgen mich in jeden Winkel meiner Gedanken.


Diese Woche ist kein Jahrestag. Es ist eine Wunde. Und sie blutet jedes Mal ein bisschen mehr, wenn ich mich an diesen Morgen erinnere. Die Welt erwartet von uns, dass wir weitermachen, dass wir wieder aufbauen, dass wir widerstandsfähig sind. Aber sie verstehen nicht, dass manche Dinge nicht wiederhergestellt werden können. Manche Verluste sind zu groß, mancher Schmerz zu tief.


Ich habe überlebt, ja – aber ein Teil von mir ist immer noch unter den Trümmern begraben. Und ich weiß nicht, ob ich ihn jemals wiederfinden werde.

 

Mohammed R. Mhawish ist ein palästinensischer Journalist und Schriftsteller aus Gaza, der derzeit im Exil lebt. Er ist Mitautor des Buches „A Land With A People - Palestinians and Jews Confront Zionism” (Monthly Review Press Publication, 2021).




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