Wie die Vereinten Nationen am 25. Oktober 2024 erklärten, lassen die die israelischen Behörden nach der Schließung des Grenzübergangs Rafah vor mittlerweile sechs Monaten immer weniger Kinder für eine medizinische Evakuierung aus Gaza heraus. Auch Erwachsenen ergeht es nicht anders: die UNO schätzt, dass derzeit etwa 14 000 PatientInnen, darunter 2 500 Kinder, dringend eine medizinische Evakuierung benötigen würden. Doch in den vergangenen sechs Monaten – seitdem das israelische Militär in Rafah einmarschiert ist und am 7. Mai die Kontrolle über die Gaza-Seite des Grenzübergangs Rafah übernommen hat – wurden nur 237 PatientInnen medizinisch aus dem Gazastreifen evakuiert, davon waren 127 Kinder.
Während früher fast 300 Kinder pro Monat evakuiert wurden, ist diese Zahl nun auf weniger als ein Kind pro Tag gesunken.
Medizinisches Personal wartet vergeblich auf Sicherheitsgenehmigungen der israelischen Behörden, die die Ausreise aus dem Gazastreifen kontrollieren, berichtete UNICEF-Sprecher James Elder bei einem Briefing in Genf: „Das Ergebnis ist, dass Kinder in Gaza sterben, nicht nur durch die Bomben, Kugeln und Granaten, die sie treffen.“ Elder beschrieb mehrere Fälle von Kindern mit schweren, lebensbedrohlichen Verletzungen, bei denen es zu unerklärlichen Verzögerungen oder Ablehnungen von Evakuierungsanträgen von ÄrztInnen kam. So beispielsweise der Fall der vierjährigen Elia, die bei einem israelischen Angriff Verbrennungen vierten Grades (d.h. eine irreversible Verkohlung des Gewebes bis auf den Knochen) erlitt und deren Bein amputiert werden musste. Eigentlich ein Fall für eine sofortige medizinische Evakuierung, ist Elia mittlerweile seit mehr als 50 Tagen im Krankenhaus. Aufgrund der nur unzureichenden Behandlungsmöglichkeiten mussten die Ärzte nun auch Finger ihrer rechten Hand amputieren.
Elias Mutter erlitt ebenfalls Verbrennungen vierten Grades und eine daraus resultierende Blutvergiftung. Sie hätte ebenfalls dringend eine medizinische Evakuierung benötigt, diese wurde von den israelischen Behörden verweigert. Sie starb am 23. Oktober. Nach dem Tod ihrer Mutter wurde Elia schließlich eine Evakuierung genehmigt, nur: es wurde kein Datum genannt, an dem diese geschehen hätte können. James Elder schrieb am 31. Oktober: „Seit heute befindet sich Elia in einem kritischen Zustand. Sie hat eine Blutvergiftung und ein Blutgerinnsel. Elia ist immer noch in Gaza gefangen. Diese tödliche Verweigerung medizinischer Evakuierungen für Kinder ist KEIN logistisches Problem – wir sind in der Lage, diese Kinder sicher aus dem Gazastreifen zu transportieren. Es ist KEIN Kapazitätsproblem – tatsächlich haben wir noch vor wenigen Monaten eine größere Anzahl von Kindern evakuiert. Es ist einfach nur ein Problem, das völlig ignoriert wird.“
Es mangelt übrigens keineswegs an Ländern, die bereit dazu sind, medizinische Fälle aus Gaza aufzunehmen und zu behandeln.
Laut WHO befinden sich mindestens 2500 palästinensische Kinder in derselben Situation wie Elia – erfolgt keine medizinische Evakuierung und somit eine ordentliche Behandlung, werden sie an ihren Verletzungen sterben: „Pro Tag wird weniger als ein Kind aus dem Gazastreifen medizinisch evakuiert. Wenn dieses tödlich langsame Tempo anhält, würde es mehr als sieben Jahre dauern, um die 2500 Kinder zu evakuieren, die dringend medizinische Versorgung benötigen“, so UNICEF-Sprecher James Elder.
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Quellen:
Reported impact snapshot | Gaza Strip, 22 October 2024
Gaza children dying as Israel curtails medical evacuations, U.N. agencies say | 25 October 2024
By Thomas Escritt
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