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Israels Rückkehr zum Krieg ist ein Vorspiel zur Massenvertreibung

Mit Trumps grünem Licht für ethnische Säuberungen droht Israels erneuter Angriff auf den Gazastreifen zu einem umfassenden Versuch zu werden, die Enklave von PalästinenserInnen zu säubern.


Von Ben Reiff, +972Mag, 18. März 2025

(Originalbeitrag in englischer Sprache)

 

Zwei Monate nach dem Abschluss eines Waffenstillstandsabkommens, das den Krieg beenden sollte, hat Israel seine Bombardierung des Gazastreifens mit einer Intensität wieder aufgenommen, die an die ersten Tage des Angriffs erinnert. Bei israelischen Luftangriffen wurden seit den frühen Morgenstunden mehr als 400 PalästinenserInnen getötet und Hunderte von ihnen verwundet, und die Armee hat Tausende von BewohnerInnen der Städte und Stadtviertel am Rande des Gazastreifens aufgefordert, aus ihren Häuser zu fliehen.


Israel hat den Grenzübergang Rafah erneut vollständig für medizinische Evakuierungen abgeriegelt, während sich die ägyptischen und amerikanischen Streitkräfte, die im Rahmen der Waffenruhe die israelischen Truppen im Netzarim-Korridor abgelöst hatten, von ihren Posten zurückziehen. In den Krankenhäusern stapeln sich wieder die Leichen, und das medizinische Personal im gesamten Streifen warnt, dass die Einrichtungen völlig überlastet sind.


Wir wissen, was als Nächstes kommt: weitere Luftangriffe und Evakuierungsbefehle und wahrscheinlich eine weitere Bodeninvasion, die, wenn wir die israelischen Minister beim Wort nehmen, noch umfangreicher und tödlicher sein wird als die letzte. „Israel wird von nun an mit zunehmender militärischer Stärke gegen die Hamas vorgehen“, erklärte das Büro von Premierminister Benjamin Netanjahu heute in einer Erklärung. „Mit Gottes Hilfe“, so Finanzminister Bezalel Smotrich, „wird der erneute Angriff völlig anders aussehen als die bisherigen Maßnahmen“. Der ehemalige Minister für nationale Sicherheit, Itamar Ben Gvir, der die Regierung wegen des Waffenstillstandsabkommens verlassen hatte, scheint triumphierend in sein Amt zurückzukehren. [Er ist heute, am 19.03.2025, wieder zurück in seinem Amt, Anm.]

Aber zu welchem Zweck? Israel erzählt, es habe keine andere Wahl gehabt, als die Offensive fortzusetzen, weil „die Hamas sich wiederholt geweigert hat, unsere Geiseln freizulassen, und weil sie alle Vorschläge des Gesandten des US-Präsidenten Steve Witkoff und der Vermittler abgelehnt hat“. Dies ist jedoch eine völlige Verzerrung der Realität, und die Familien der israelischen Geiseln, die in Gaza gefangen gehalten werden, wissen das.

„Die Behauptung, dass der Krieg für die Freilassung der Geiseln verlängert wird, ist eine glatte Lüge“, erklärte das Forum der Geiseln und vermissten Familien in einer Erklärung. „Die israelische Regierung hat sich dazu entschlossen, die Geiseln aufzugeben, indem sie den Prozess zur Rückführung unserer Angehörigen absichtlich abgebrochen hat.“


Was die Hamas tatsächlich zurückwies, waren die Versuche Israels, die Bedingungen des Waffenstillstands, zu dem sich beide Parteien verpflichtet hatten, nicht einzuhalten. Die zweite Phase des Abkommens, die die Rückkehr der verbleibenden Geiseln und einen dauerhaften Waffenstillstand bewirken sollte, sollte vor mehr als zwei Wochen beginnen, doch Israel ließ sie nicht zu. Stattdessen zerriss Israel zusammen mit Witkoff die Vereinbarung und heckte einen neuen Vorschlag aus: die erste Phase zu verlängern und weiterhin Geiseln gegen palästinensische Gefangene auszutauschen; mit anderen Worten, die Freilassung der Geiseln von jeglicher Garantie zur Beendigung des Krieges zu trennen.


Israel wusste, dass die Hamas diesen Vorschlag ablehnen würde, und das war auch von Anfang an der Sinn der Sache. Das Manöver lieferte der israelischen Regierung lediglich einen Vorwand, um erneut eine totale Blockade von Lebensmitteln, Wasser, Treibstoff, Strom und Medikamenten für den Gazastreifen zu verhängen und nun, mit der vollen Unterstützung von Präsident Trump, ihren völkermörderischen Angriff wieder aufzunehmen. Dieses Mal ist das Ziel jedoch klarer denn je.

 

Den Job zu Ende bringen

Als Trump am 4. Februar im Weißen Haus neben Netanjahu stand und seine Absicht verkündete, den Gazastreifen zu „übernehmen“ und zu „besitzen“, ging er nicht näher darauf ein, was genau dies für die 2,3 Millionen palästinensischen BewohnerInnen der Enklave bedeuten soll, sondern stellte nur klar, dass der Gazastreifen nicht länger ihre Heimat sein wird. „Wir werden dafür sorgen, dass etwas wirklich Spektakuläres getan wird“, erklärte er und fügte hinzu, dass die Bevölkerung in „andere Länder von Interesse mit humanitären Herzen“ umgesiedelt werden könnte, wo sie „ihr Leben in Frieden und Harmonie leben kann“.


Im Grunde war das, was Trump präsentierte, nicht wirklich ein Plan, sondern ein grünes Licht für Israels Regierung und Verteidigungsapparat, Szenarien für die ethnische Säuberung des Gazastreifens zu planen.


Wohin die Bevölkerung gehen sollte, spielte keine Rolle (Ägypten und Jordanien lehnten Trumps Vorschlag, die vertriebenen PalästinenserInnen aufzunehmen, umgehend ab). Entscheidend war, dass das mächtigste Land der Welt das unterstützt hat, was die israelische Rechte seit langem als „Vollendung der Aufgabe“ bezeichnet, die die Nakba von 1948 unvollständig hinterlassen hat; was hochrangige MinisterInnen und Regierungsstellen seit dem 7. Oktober lautstark gefordert haben; und was Netanjahu selbst Berichten zufolge als wünschenswertes Ergebnis betrachtet hat.


Die israelische Regierung hat keine Zeit damit verschwendet, die Räder in Gang zu setzen. Wie Umweltschutzminister Idit Sliman es ausdrückte: „Gott hat uns die Regierung [Trump] geschickt, und sie sagt uns ganz klar: Es ist Zeit, das Land zu übernehmen.“


Unmittelbar nach der Rückkehr Netanjahus aus Washington unterstützte das israelische Sicherheitskabinett Trumps Vorschlag mit großer Mehrheit. Verteidigungsminister Israel Katz richtete eine neue Behörde ein, die die euphemistisch als „freiwillige Auswanderung“ bezeichnete Vertreibung von PalästinenserInnen aus dem Gazastreifen organisieren soll, und erörterte entsprechende Pläne mit hochrangigen Vertretern der Armee und des Ministerpräsidenten. COGAT, die für zivile Angelegenheiten der PalästinenserInnen zuständige Einheit der Armee, hat ein eigenes Konzept ausgearbeitet, wonach die Ausweisung von PalästinenserInnen aus dem Gazastreifen auch dann erfolgen kann, wenn Ägypten sich weigert, seine Grenze zu öffnen: Die Armee wird stattdessen den Transport der PalästinenserInnen auf dem Land- oder Seeweg zu einem Flughafen und von dort in die Zielländer organisieren.

Smotrich, der Katz' Schaffung einer „sehr großen Auswanderungsabteilung“ im Verteidigungsministerium lobte, sagte Anfang des Monats bei einem Treffen in der Knesset, dass „wenn wir 5 000 [PalästinenserInnen] pro Tag abschieben, es ein Jahr dauern wird [um sie alle abzuschieben]“, und fügte hinzu, dass das Budget keine Rolle spielen werde. Er räumte zwar ein, dass die Logistik bei der Suche nach Ländern, die sie aufnehmen könnten, kompliziert sei, merkte aber an, dass Israel mit den Vereinigten Staaten zusammenarbeite, um Kandidaten dafür zu finden.


In den letzten Tagen erklärten amerikanische und israelische Politiker gegenüber AP, dass ihre Regierungen an den Sudan, Somalia und Somaliland herangetreten seien, um PalästinenserInnen aus dem Gazastreifen im Gegenzug für finanzielle, diplomatische und sicherheitspolitische Vorteile aufzunehmen. CBS berichtete später, dass die Trump-Regierung über einen dritten Gesprächspartner auch die neue Übergangsregierung in Syrien kontaktiert hat.


Es ist unklar, ob eines dieser Regime tatsächlich auf ein solches Angebot eingehen würde. Aber wenn wir etwas aus dem Abraham-Abkommen gelernt haben, dann, dass es für den richtigen Preis immer einen Abnehmer geben wird.

 

Gaza unbewohnbar machen

Natürlich wird es keine „freiwillige Auswanderung“ aus dem Gazastreifen geben; die PalästinenserInnen haben Trumps Plan eindeutig abgelehnt und erwidert, dass die einzigen Orte, an die sie bereitwillig umziehen würden, die Dörfer, Städte und Gemeinden innerhalb Israels seien, aus denen sie 1948 vertrieben wurden. Netanjahu, Smotrich und Katz wissen das sogar noch besser als Trump - weshalb die Idee, die Bevölkerung des Gazastreifens auszurotten, in der Praxis immer von einer Wiederaufnahme der israelischen Militärangriffe auf das Gebiet abhängig gemacht wurde.


Mehr als 2 Millionen Menschen gewaltsam zu vertreiben, selbst mit der Unterstützung einer globalen Supermacht, ist keine einfache Aufgabe. Zum einen müsste dazu die Hamas als lebensfähige Widerstandskraft ausgeschaltet werden, was Israel in den mehr als 15 Monaten der Kämpfe nicht gelungen ist. Trump hätte niemals zugestimmt, amerikanische Truppen vor Ort zu stationieren, um seine Fantasie zu verwirklichen; es lag immer in den Händen Israels, die praktischen Einzelheiten zu regeln. Und obwohl wir noch nicht wissen, wie genau die Armee ihre erneute Offensive eskalieren wird – falls sie dies tatsächlich beabsichtigt, wie Berichte jedoch vermuten lassen – haben wir Hinweise aus der Art und Weise, wie sie den Krieg bis jetzt geführt hat.


Insbesondere die dreimonatige Operation der Armee im nördlichen Gazastreifen, die dem Waffenstillstand vorausging, war so etwas wie ein Testlauf für die Massenvertreibung auf Grundlage des so genannten „Plan der Generäle“. Durch die Isolierung von drei Städten vom übrigen Gazastreifen, deren intensive Bombardierung und die Verweigerung jeglicher humanitärer Hilfe gelang es Israel, Hunderttausende von Menschen gewaltsam zu vertreiben. Es ist nicht schwer, sich vorzustellen, dass eine erneute Bodeninvasion eine ähnliche Aktion ankündigen könnte, die auf die gesamte Enklave ausgeweitet wird. Es bleibt abzuwarten, wie erfolgreich ein solches Unterfangen sein wird.


Israels 15-monatiger Angriff zeigte aber auch einen anderen Antrieb, der zwar kein offizielles Kriegsziel ist, aber offenbar einen Großteil der Militärpolitik in Gaza bestimmt: das Bemühen, Bedingungen zu schaffen, die es unmöglich machen, in Gaza am Leben zu bleiben.

Anders ist es nicht zu erklären, dass eine ganze Bevölkerung ausgehungert wird, während gleichzeitig Lebensmittelverteilungszentren und Hilfskonvois angegriffen werden; dass Wasserleitungen abgeschaltet werden und Entsalzungsanlagen kein Strom zugeführt wird; dass Gesundheitseinrichtungen systematisch zerstört, medizinisches Personal entführt und ausländisches Gesundheitspersonal eingeschränkt wird; dass ganze Städte und Stadtviertel zerstört werden und dass versucht wird, die einzige Organisation auszuschalten, die in der Lage ist, den totalen humanitären Zusammenbruch zu verhindern. Auch nach dem Inkrafttreten des Waffenstillstands verhinderte Israel weiterhin die Einfuhr von mobilen Wohneinheiten in den Gazastreifen, was gegen das Abkommen verstößt, und sorgte dafür, dass weiterhin kein stabiles Leben in Gaza möglich war und ist.


In diesem Sinne hatte Israel bereits vor Trumps Amtsantritt die Grundlagen für die Auslöschung der Bevölkerung des Gazastreifens gelegt. Wie Meron Rapoport hier im letzten Monat schrieb, gab die Rede des Präsidenten im Weißen Haus Israels Visionen der ethnischen Säuberung lediglich den Stempel „Made in America“.


Es ist immer noch möglich, dass diese neue Eskalation so schnell abklingt, wie sie begonnen hat; dass Israels heutiges Massaker nur ein Akt der Effekthascherei war, um die Hamas unter Druck zu setzen, die verbleibenden Geiseln freizulassen, ohne eine Verpflichtung zur Beendigung des Krieges einzugehen, oder ein letzter Trick, um Ben Gvir rechtzeitig in die Koalition zurückzubringen, um das Haushaltsbudget zu verabschieden. Aber selbst wenn Israel an den Verhandlungstisch zurückkehrt – morgen, in einer Woche oder in zwei Monaten – verhindert nichts das nächste oder übernächste Massaker, bis Israel – mit oder ohne die Geiseln – beschließt, dass die Zeit reif ist, Trumps Plan in die Tat umzusetzen.


Dass dies die Richtung ist, in die die Reise geht, ist unbestreitbar. Solange die gegenwärtigen Bedingungen und Machtverhältnisse vorherrschen, scheint ein Vorstoß zur Massenvertreibung der Bevölkerung des Gazastreifens unvermeidlich, wenn nicht gar unmittelbar bevorstehend.


Ben Reiff ist leitender Redakteur bei +972 Magazine und Mitglied des Redaktionskollektivs bei Vashti Media. Er lebt in London. Twitter: @bentreyf.




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