Die Brüder Alsayed haben ihre Mutter bei der ersten Bombardierung verloren. Sie dachten, das Weiße Haus könnte helfen, die Überlebenden zu retten.
Von Kavitha Chekuru, The Intercept, 6. Dezember 2024
(Originalbeitrag in englischer Sprache)
Es war am Nachmittag des 14. Oktober, als Ayman Alsayed den Anruf erhielt. Es war sein Bruder Diaa, der aus Gaza-Stadt anrief, mit sieben Stunden Zeitverschiebung vor Ayman in den USA. Diaa ging es gut, aber es hatte einen Luftangriff auf das Haus der Familie in Jabalia gegeben. Einige ihrer Angehörigen waren getötet worden, darunter ihre Mutter Zahia. Andere hatten überlebt – und saßen nun unter den Trümmern des Gebäudes fest.
„Er erzählte mir von meinem Bruder: 'Er kann sich nicht bewegen und ist verwundet'“, erinnert sich Ayman an Diaas verzweifelte Bitten um ihren verletzten Bruder Ashraf. „Er sagte mir: 'Bitte, bitte – kannst du irgendetwas von Amerika aus tun, um der Familie zu helfen?'“
Ayman hatte nicht viele Möglichkeiten.
„Ich wusste nicht, was ich tun sollte“, sagt er. „Wir wissen, dass es unmöglich ist, von hier aus jemanden zu finden, der helfen kann. Aber wir haben unser Bestes versucht.“
Mit jeder Möglichkeit, die er ausprobierte, ging Ayman leer aus. Schließlich gab es einen Durchbruch: Ein Freund brachte ihn mit dem Leiter einer gemeinnützigen Organisation in Washington in Verbindung, der einen Kontakt zum Weißen Haus hatte. Ayman gab ihnen die Adresse und die Koordinaten des Gebäudes.
„Wir haben das geschickt, damit sie es an die Israelis weitergeben können, damit der Krankenwagen die Menschen mitnehmen kann“, sagt Ayman.
In Gaza brach der Tag bald an. Diaa Alsayed stand noch in Kontakt mit seiner überlebenden Familie in Jabalia. Einige der verletzten Angehörigen bluteten schon seit Stunden. Gegen 7:30 Uhr gelang es einem örtlichen Arzt schließlich, in das Haus zu gelangen und die verletzten Kinder mitzunehmen. Der Arzt sagte, er werde zurückkehren, um den überlebenden Erwachsenen zu helfen, das Haus zu verlassen.
Hast du ihnen die Koordinaten gegeben? Sie haben gerade wieder das Haus bombardiert!
Etwa 15 Minuten später erhielt Diaa eine niederschmetternde Nachricht. Der Arzt und die meisten Kinder waren getötet worden. Und das Haus war erneut angegriffen worden. Nur einer seiner Brüder und sein Neffe hatten überlebt.
Die Nachricht von dem Angriff ging schnell um die Welt und erreichte Ayman Alsayed und seine Frau Rachel. In einem Gruppenchat mit dem gemeinnützigen Mitarbeiter, der den Standort ihrer Familie an das Weiße Haus weitergegeben hatte, schrieb Rachel: „Hast du ihnen die Koordinaten gegeben? Sie haben gerade wieder das Haus angegriffen!“
Versuche, ZivilistInnen im Gazastreifen zu retten, enden regelmäßig damit, dass eben diese ZivilistInnen ins Visier genommen werden. Israel hat wiederholt Rettungs- und Hilfskräfte angegriffen, deren Aufenthaltsorte dem israelischen Militär im Rahmen von Bitten um sicheres Geleit mitgeteilt wurden. Dies erinnert die PalästinenserInnen ständig daran, dass es keine Sicherheit für sie gibt.
Der Name von Hind Rajab, einem 6-jährigen Mädchen, wurde zu einem Aufruf zur weltweiten Auflehnung gegen den Krieg, nachdem Tonaufnahmen ihrer Hilferufe viral gingen. Der Krankenwagen des Roten Halbmonds, der die israelische Genehmigung zur Rettung des Mädchens erhalten hatte, wurde angegriffen, als er sie gerade erreichte. Im April wurden bei einem Luftangriff sieben Mitarbeiter von World Central Kitchen getötet, obwohl ihre Autofahrt mit dem israelischen Militär abgesprochen war, wie die Organisation berichtet.
Im Krieg ist es üblich, für sicheres Geleit zu sorgen, aber in Israels Krieg gegen den Gazastreifen hat sich dies als Risiko erwiesen und nicht als Sicherheitsgarantie. Im Mai erklärte Human Rights Watch, dass der Angriff auf die MitarbeiterInnen der World Central Kitchen kein Einzelfall war; es war einer von mindestens acht Angriffen, bei denen Hilfsorganisationen und die Vereinten Nationen „den israelischen Behörden die GPS-Koordinaten eines Hilfskonvois oder einer Unterkunft mitgeteilt hatten und die israelischen Streitkräfte den Konvoi oder die Unterkunft dennoch ohne Vorwarnung angriffen.“
Darüber hinaus hat das israelische Militär während des gesamten Krieges Krankenwagen angegriffen und Rettungskräfte getötet. Dies war die tödliche Kombination, mit der die Brüder Alsayed konfrontiert waren, als sie versuchten, ihre Familie zu retten. Die Hilfe aus dem Weißen Haus schien außergewöhnlich zu sein, aber sie half am Ende überhaupt nicht. Nach Ansicht von Nihad Awad, dem geschäftsführenden Direktor des Council on American-Islamic Relations (Rat für amerikanisch-islamische Beziehungen), zeugt der zweite Angriff trotz der Beteiligung des Weißen Hauses von der Unfähigkeit Washingtons, mit Vorwürfen der Schädigung von ZivilistInnenen durch das israelische Militär umzugehen.
„Sie [die israelische Regierung, Anm.] wussten, dass sie all dies tun konnten, ohne dass das Weiße Haus ernsthaften Konsequenzen setzte“, so Awad gegenüber The Intercept. „Das Weiße Haus zeigt mit dieser Aktion – der Weitergabe der Informationen an die Israelis – dass es inkompetent ist. Sie haben nicht die nötige Bereitschaft, Israel zur Rechenschaft zu ziehen.“
Für Ayman Alsayed in den USA hat die Vorstellung, dass seine Versuche, seinen Angehörigen zu helfen, auf diese Weise endeten, tiefe Schuldgefühle hinterlassen.
„Es ist schwer auszudrücken, wie ich mich gefühlt habe“, sagte Ayman. „Ich glaube, dass ich meiner Familie geschadet und nicht geholfen habe, indem ich all diese Informationen an die Botschaft weitergegeben habe, die sie dann an die Israelis weitergegeben hat. Und anstatt den Krankenwagen und Sicherheit zu bringen, haben sie das Haus anhand der Koordinaten, die wir ihnen gegeben haben, erneut angegriffen.“
Schon Monate vor dem Angriff im Oktober, der seine Familie fast vollständig auslöschte, wusste Diaa Alsayed bereits, was Verlust bedeutet. Seine Frau und sechs seiner Kinder waren bei einem israelischen Luftangriff in Jabalia getötet worden.
In der Nacht des 14. Oktober, dem ersten Luftangriff auf das Haus seiner Familie, war Diaa mit seinem einzigen überlebenden Kind, seiner Tochter Tala, in Gaza-Stadt, als er gegen 21 Uhr den Anruf seiner Schwägerin Sumaya erhielt.
„'Helft mir, helft mir!'“, hatte sie gerufen, so Diaa gegenüber The Intercept. „'Ruft einen Krankenwagen! Ruft jemanden an! Zwei meiner Kinder sind getötet worden.'“ Sie erzählte Diaa auch, dass seine Mutter getötet worden sei und dass die überlebende Familie dringend Hilfe benötige.
Zu diesem Zeitpunkt war die Belagerung des nördlichen Gazastreifens durch das israelische Militär seit etwa zehn Tagen im Gange. Der Angriff hatte das Flüchtlingslager Jabalia besonders hart getroffen. UN-Beamte warnten bereits vor schrecklichen Zuständen: Zehntausende Menschen waren von Hilfslieferungen abgeschnitten, zahlreiche ZivilistInnen wurden getötet und verwundet. Schon lange vor der Belagerung waren die Kapazitäten der Krankenhäuser und Notfallsysteme zerstört worden, aber jetzt war der Zugang zur Versorgung noch schwieriger geworden.
„Ich habe versucht, Hilfe zu rufen, aber der Rettungsdienst sagte, dass es nicht in seinen Händen läge“, so Diaa. „Sie konnten das Gebiet nicht betreten, weil es zu gefährlich war, und die Krankenwagen wurden angegriffen.“
Sumaya, die Schwägerin von Diaa und Ayman Alsayed, suchte selbst Hilfe bei den Rettungskräften. In einer Aufzeichnung eines Anrufs aus jener Nacht erklärte sie dem Leitstellenmitarbeiter, dass sie und die anderen Überlebenden nicht aus dem Haus herauskamen. Niemand war in der Lage gewesen, ihnen zu helfen.
„Seien Sie vorsichtig, die Armee ist nicht weit von Ihnen entfernt“, sagte Fares Afana, der Notfallhelfer, noch zu ihr. „Bis jetzt können wir nicht zu Ihnen durchkommen. Und das – ich schwöre es bei Gott – bricht uns das Herz.“
„Leider ist die Geschichte dieser Familie eine von vielen“, berichtet Nebal Farsakh, ein Sprecher der Palästinensischen Rothalbmondgesellschaft. „Aus früheren Erfahrungen, als wir sogar den Zugang für das Personal koordiniert hatten, wurden die Krankenwagen oft angegriffen, obwohl sie Teil einer koordinierten Mission waren.“
Währenddessen suchte Diaa immer noch nach einer Möglichkeit, seine Familie zu retten. Er wandte sich an Journalisten.
„Ich wollte die Aufmerksamkeit auf die sich abspielende Tragödie lenken“, sagte er, „und eine Koordinierung mit Organisationen wie dem Roten Kreuz oder den Rettungsdiensten ermöglichen.“
Er rief den Korrespondenten von Al Jazeera in Jabalia, Anas al-Sharif, an. In einem Video des Anrufs mit al-Sharif, das auf Instagram gepostet wurde, erklärt Diaa, dass seine Verwandten getötet oder verletzt worden sind und dass keine Krankenwagen zu den Überlebenden gelangen konnten.
„Die Rettungsteams haben mich auch gerade kontaktiert“, antwortet al-Sharif Diaa. „Sie können sich wegen der Bombardierungen nicht mehr fortbewegen.“
In den Vereinigten Staaten versuchten Ayman Alsayed und seine Frau Rachel herauszufinden, was sie tun konnten. Um einen Krankenwagen zu ihrer Familie in Jabalia zu bekommen, brauchten sie die Genehmigung der israelischen Behörden. Die Alsayeds versuchten, den Roten Halbmond anzurufen, doch dieser bestätigte, was Diaa gesagt worden war: Die Krankenwagen des Roten Halbmonds konnten nicht am israelischen Militär vorbei.
Als amerikanische Staatsbürger wandten sich Ayman und Rachel dann an die US-Botschaft in Jerusalem, aber dort war es bereits Nacht. Das einzige Büro, das geöffnet war, war ein Notdienstschalter, der wahrscheinlich keinen direkten Draht zum israelischen Militär hatte.
Da die Zeit drängte, beschlossen sie, Freunde zu fragen, ob sie jemanden kennen, der helfen könnte. Die Kontaktaufnahme führte sie schließlich zu Sean Carroll, dem Direktor der gemeinnützigen Organisation Anera. Carroll, dessen Gruppe Lebensmittel und medizinische Hilfe in Gaza bereitstellt, wandte sich schnell an einen Kontakt im Weißen Haus und erhielt sofort eine Antwort.
„Sie fragten nach Koordinaten“, sagte Carroll gegenüber The Intercept. In Zusammenarbeit mit der Familie Alsayed und seinem Kollegen vor Ort gab Carroll die Informationen an einen Beamten des Nationalen Sicherheitsrates weiter. „Wir versuchten, die Koordinaten zu liefern, aber auch eine Beschreibung, wo sich das Haus befand. Der Nationale Sicherheitsrat hat das weitergegeben.“
Er wandte sich auch an das Büro des israelischen Militärs für die Koordinierung von Regierungsaktivitäten in den Gebieten (COGAT), das für die Verwaltung der palästinensischen Zivilbevölkerung in den besetzten Gebieten zuständig ist, einschließlich der Notfall- und medizinischen Logistik. Carroll erhielt nicht sofort eine Antwort, aber angesichts der Bemühungen des Weißen Hauses um Hilfe war das Schweigen von COGAT nicht beunruhigend.
„Ich war nicht allzu besorgt über meine Kommunikation mit COGAT“, sagte er, „denn ich wusste, dass der Nationale Sicherheitsrat und die Botschaft mit ihnen in Kontakt standen.“
Ein Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates bestätigte gegenüber The Intercept, dass das Weiße Haus Informationen über den ersten Angriff erhalten hatte und dass mehrere Behörden, darunter das Außenministerium, an den Bemühungen um Hilfe beteiligt waren.
„Die Verwaltung hat die Informationen, die sie von Kontakten der Familie erhalten hat, auch an die israelischen Behörden und die UNO weitergeleitet, um weitere Unterstützung zu erhalten“, sagte der Sprecher, ohne näher darauf einzugehen, welche israelische Regierungsstelle oder welches UNO-Büro die Informationen erhalten hat.
Carroll sagte, sein Kontakt im Weißen Haus habe ihm mitgeteilt, dass die US-Botschaft in Jerusalem die Informationen an das israelische Südkommando weitergeleitet habe, die militärische Abteilung, zu deren Zuständigkeitsbereich der Gazastreifen gehört.
Ayman Alsayed war skeptisch, dass die Einmischung des Weißen Hauses seiner Familie helfen würde, da die Regierung Biden Israel uneingeschränkt unterstützt. „Aber ich wollte wenigstens irgendetwas tun“, sagte er. „Ich wollte einfach alles tun, was ich kann.“
Bis sich das Weiße Haus einschaltete, waren seit dem ersten Angriff bereits Stunden vergangen. In Gaza stand Diaa Alsayed noch in Kontakt mit Verwandten, die unter den Trümmern des Hauses eingeschlossen waren.
„Die ganze Nacht über stand ich mit ihnen in Kontakt, und es gab nichts als Angst, Schreie und Weinen“, erinnerte sich Diaa. „Die Frau meines Bruders, Sumaya, sagte immer wieder: 'Meine Kinder wurden vor meinen Augen getötet, und mein Mann ist verletzt.'“
Als der Morgen anbrach, wandte sich Diaa an Ahmed Al-Najjar, Arzt und Freund der Familie. Da seine verletzten Verwandten zu verbluten drohten, hoffte Diaa, dass Al-Najjar helfen könnte. „Er rief mich an, um mir mitzuteilen, dass er sich darauf vorbereitete, die Verwundeten und die Kinder aus dem Haus an einen sichereren Ort zu evakuieren“, so Diaa.
Es war gegen 7:30 Uhr, als Al-Najjar Diaa mitteilte, dass er zuerst die verletzten Kinder bergen und dann zu den überlebenden Erwachsenen zurückkehren würde. Es war ein Hoffnungsschimmer nach einer langen und verzweifelten Nacht, aber er sollte sich als flüchtig erweisen.
„Als ich ihn“ - den Arzt – „etwa 15 Minuten später anrief, um nach ihnen zu sehen, ging ein Fremder ans Telefon und sagte mir, dass Dr. Al-Najjar getötet worden sei‘, erinnert sich Diaa. „Als ich ihn fragte, wie das passiert sei, sagte er mir, dass die Besatzungsarmee Dr. Al-Najjar und die Kinder, die er gerettet hatte, ins Visier genommen hatte, als sie versuchten, das Gebiet zu verlassen.“
„Sie haben auf sie geschossen, sie haben sie gejagt“, so Ayman Alsayed, Mohammed habe es ihm erzählt. Das Kind war weiter hinten, als der Angriff begann, und ein Nachbar brachte ihn in seinem Haus in Sicherheit. „Jemand öffnete die Tür und ließ ihn ins Haus. Und das hat ihm geholfen, zu überleben.“
Der 8-jährige Neffe von Diaa und Ayman Alsayed, Mohammed, war eines der Kinder, die den Arzt begleitet hatten. Ayman sagte, sein Neffe habe später berichtet, dass er eine Drohne gesehen habe, die die Gruppe verfolgte, und Zeuge des Angriffs wurde, bei dem Al-Najjar und die anderen Kinder getötet wurden, aber es gelang ihm, zu entkommen.
Fassungslos über die Nachricht, was mit den Kindern geschehen war, versuchte Diaa, Sumaya anzurufen. Statt der Stimme seiner Schwägerin meldete sich Ashraf, ihr Mann und Diaas Bruder. Das Haus war erneut von den Israelis angegriffen worden, und Sumaya war getötet worden.
Als die Rettungskräfte schließlich das Haus der Alsayeds in Jabalia erreichten, fanden sie die Leichen des Arztes und der Kinder auf der Straße, so Karim al-Hassani, einer der Ersthelfer vor Ort. Ein von den Rettungskräften aufgenommenes Video zeigt die Leichen, darunter die jüngste, die eineinhalbjährige Amal, an deren Kopf ein Rinnsal Blut herunterläuft.
Daraufhin begaben sich die Retter zum Haus der Alsayeds. „Wir gingen hinein und fanden zwei verletzte Menschen, die noch lebten und bluteten“, sagte al-Hassani gegenüber The Intercept. Es handelte sich um Ashraf und einen weiteren Alsayed-Bruder, Hani. Die Verletzungen von Hani waren jedoch zu schwer. „Als wir im Krankenhaus ankamen, war er tot.“
Am Morgen, etwa elf Stunden nach dem ersten Luftangriff, waren Dr. Al-Najjar und elf Mitglieder der Familie Alsayed getötet worden, darunter sechs Kinder. Die einzigen Familienmitglieder, die überlebten, waren Ashraf Alsayed, der durch die Verletzungen des Angriffs nun gelähmt ist, und Mohammed, sein einziges überlebendes Kind, das von einem Nachbarn gerettet wurde.
Ein Sprecher des israelischen Militärs sagte, dass sie nur dann Antworten auf Fragen geben würden, wenn sie die Koordinaten des Hauses der Familie Alsayed erhielten. Aufgrund des Themas der Geschichte hat The Intercept diese nicht herausgegeben.
In einem Video, das Journalisten zugesandt wurde, sagte Fares Afana, der Rettungssanitäter, der in der Nacht zuvor mit Sumaya Alsayed gesprochen hatte: „Hätten wir vom ersten Moment an handeln können, hätten wir uns bewegen können und wären die Krankenwagen- und Zivilschutzmannschaften nicht gefährdet gewesen, dann hätten das Leben dieser Frauen und Kinder gerettet werden können.“
Ashraf, der Bruder von Alsayed, der den Angriff überlebt hat, und sein Sohn Mohammed befinden sich derzeit in einem Krankenhaus im nördlichen Gazastreifen. Ayman und Diaa sagten, Ashraf habe ständig Schmerzen. Seine Genesung wird durch den Zustand des Gesundheitssystems in Gaza behindert, auch durch die israelische Blockade von Medikamenten und Lieferungen.
„Es gibt hier keine wirkliche medizinische Versorgung“, sagte Diaa aus Gaza-Stadt. „Er ist völlig hoffnungslos und am Boden zerstört.“
Diaa macht sich auch Sorgen um seinen kleinen Neffen Mohammed. „Er musste mit ansehen, wie seine Geschwister in Stücke gerissen wurden, und er ist traumatisiert“, sagte Diaa. „Er kann nicht schlafen. Er wacht nachts auf und schreit nach seiner Mutter, seinem Vater und seinen Geschwistern.“
Während er sich um seinen Bruder und seinen Neffen kümmert, versucht Diaa auch, bessere medizinische Hilfe für seine Tochter Tala zu bekommen, die selbst darum kämpft, sich von den schweren Verbrennungen zu erholen, die sie bei dem Luftangriff im Dezember erlitten hat, bei dem Diaas Frau und andere Kinder getötet wurden. Die einzige Hoffnung für seine verletzte Tochter und seinen Bruder, so Diaa, wäre eine medizinische Evakuierung, die aufgrund der israelischen Restriktionen fast unmöglich geworden ist.
„Wir leben ohne Sicherheit, ohne Unterkunft, ohne Hoffnung. Jede Nacht suche ich nach einer Ecke, in der meine Tochter und ich schlafen können“, sagt Diaa. „Dieser Krieg zerstört nicht nur Gebäude, er reißt auch Leben auseinander. Er hat uns alles genommen – unsere Familien, unsere Häuser, unsere Würde. Es gibt keine Worte, um die Qualen zu beschreiben, die wir ertragen müssen.“
Tausende von Kilometern entfernt, in den USA, ist Ayman Alsayed auf eine sporadische Verbindung angewiesen, um mit seiner überlebenden Familie zu telefonieren. Er sorgt sich um ihre Sicherheit, aber auch um ihre Zukunft, denn die israelische Belagerung des nördlichen Gazastreifens bringt jeden Tag neue Schrecken.
Die anhaltende Unterstützung Israels durch die Regierung Biden trotz der zunehmenden Anschuldigungen, die Amnesty International zu einem Völkermord erklärt hat, macht Ayman noch mehr zu schaffen. Die Entfernung von seiner Familie macht den Schmerz noch intensiver, wenn man bedenkt, wo er lebt.
„Ich habe durch meine Steuerzahlungen zum Tod meiner Familie beigetragen“, sagt er. „Das bricht mir das Herz.“
Kavitha Chekuru ist Journalistin und Dokumentarfilmerin. Ihre Berichterstattung über Menschenrechte und Sicherheit wurde mit dem George Polk Award, dem Overseas Press Club, der Society of Professional Journalists und fünf Emmy-Nominierungen für Nachrichten und Dokumentarfilme ausgezeichnet.
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