Die israelische Armee begann gestern, am 22. Juli 2019, in den frühen Morgenstunden mit dem Abriss von insgesamt 10 Wohngebäuden in Sur Baher in Ostjerusalem. Durch den Abriss der Gebäude wurden 17 Menschen obdachlos, insgesamt sind 350 Menschen als BesitzerInnen der sich teilweise noch im Rohbau befindlichen Wohneinheiten vom Abriss betroffen. Die Vereinten Nationen, die Europäische Union und das französische Außenministerium verurteilten die völkerrechtswidrige Aktion der israelischen Regierung.
Sur Baher ist ein palästinensischer Ort am südöstlichen Stadtrand nahe der israelischen Siedlungen Ramat Rachel und Har Homa. Nach der israelischen Besatzung im Jahr 1967 konfiszierte die israelische Regierung 1700 Dunum Land für den Bau der völkerrechtswidrigen Siedlungen Talpiot und Har Homa. In den letzten 52 Jahren eignete sich der israelische Staat weiterhin Land in Sur Baher für den Bau der Mauer, Siedlungen und Siedlungsstraßen an. Die so immer knapper werdenden Landressourcen wurden, zusätzlich zu nicht verteilten Baugenehmigungen von Seiten der Jerusalemer Stadtregierung, zu einem immer größer werdenden Problem für die wachsende Zahl der palästinensischen Bevölkerung in Sur Baher.
Die völkerrechtswidrige Aktion der israelischen Regierung ist auch insbesondere deshalb brisant, da Sur Baher sich zwar auf der israelisch kontrollierten Seite der Mauer befindet, jedoch eigentlich im Westjordanland liegt. Israel baute völkerrechtswidrig die Mauer auf palästinensischem Land und verleibte sich so das Land von Sur Baher ein. Laut Oslo-Verträgen stehen jedoch ein Teil der nun abgerissenen Wohnhäuser im sogenannten A-Gebiet, das von der Palästinensischen Autonomiebehörde verwaltet und kontrolliert werden sollte.
Das palästinensische Außenministerium fordert nun eine Untersuchung des internationalen Strafgerichtshofes in Den Haag. Die Vereinten Nationen bezeichneten die israelische Politik der Zerstörung von palästinensischem Eigentum in einem Statement als „nicht kompatibel mit seinen (Anm.: Israels) Verpflichtungen nach dem humanitären Völkerrecht“ und daher als völkerrechtswidrig.
„Der Abriss der Wohngebäude in Sur Baher ist nicht nur völkerrechtswidrig, sondern auch moralisch zutiefst verwerflich“, so Botschafter Salah Abdel Shafi. „Israel begründet seine Aktionen als eine Maßnahme zur eigenen Sicherheit, doch geht es in Wahrheit nur um die Verdrängung und Vertreibung von Palästinenserinnen und Palästinensern vom eigenen Land, um die völkerrechtswidrige Aneignung von palästinensischem Grund und Boden und um die ungehinderte Expansion israelischer Siedlungen. Es braucht mehr als nur Statements von den Vereinten Nationen und der Europäischen Union. Lippenbekenntnisse für Frieden in der Region haben nur dazu geführt, dass Israel weiterhin völlig ungestraft und ohne Konsequenzen von Seiten der internationalen Gemeinschaft agiert. Wird ihnen nicht Einhalt geboten, so werden noch mehr Wohngebäude in der Region von Sur Baher abgerissen werden.“
Weiterführende Informationen:
The Carving of East Jerusalem into Segregated Bantustans: The Case of Sur Bahir
Statement der Europäischen Union zu Sur Baher
Statement der Vereinten Nationen zu Sur Baher