Ungeachtet aller Warnungen und Kritik will der US-amerikanische Präsident Donald Trump Jerusalem als Hauptstadt anerkennen. Damit wird nicht nur ein Ende des Friedensprozesses, sondern auch der Zwei-Staaten-Lösung riskiert.
Die USA wollen Jerusalem als Hauptstadt Israels anerkennen und in Folge die US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem verlegen. Nach der Teilung von Jerusalem 1948 eroberte Israel widerrechtlich 1967 auch Ostjerusalem und erklärte das annektierte Gebiet – trotz Proteste der internationalen Staatengemeinschaft – 1980 per vom Knesset verabschiedeten „Jerusalem-Gesetz“ zur ewigen und unteilbaren Hauptstadt Israels.
Dies wurde und wird von der internationalen Staatengemeinschaft nicht anerkannt, weshalb alle ausländischen Botschaften in Tel Aviv angesiedelt sind. Ein zukünftiger Staat Palästina kann und wird – auch der Zwei-Staaten-Lösung entsprechend – nur mit Ostjerusalem als Hauptstadt existieren.
Die USA verstoßen mit diesem unverständlichen Schritt gegen internationales Recht sowie sämtlichen UN-Resolutionen und verlieren damit ihre Rolle als Vermittler im israelisch-palästinensischen Friedensprozess. Anstatt eine Lösung, die auf Völkerrecht basiert, sowohl für Palästina als auch für Israel zu fördern und die Region so zu stabilisieren, löst dieser Schritt nicht nur international Unverständnis und Kritik aus, sondern kann zu einem Flächenbrand in der Region führen. Trump begründet laut einem Regierungsvertreter den Schritt als „Anerkennung der Realität“.
Die Realität, die Trump nicht anerkennen will, ist, dass Jerusalem einer Stadt der Apartheid gleicht, in der sich die palästinensischen Bewohnerinnen und Bewohner tagtäglich mit institutionalisiertem Rassismus und Diskriminierung konfrontiert sehen. Bis heute wurden von der israelischen Regierung 38 Prozent von Ostjerusalem für den völkerrechtswidrigen Bau von israelischen Siedlungen verwendet – mit allen schwerwiegenden Konsequenzen (Verlust von Wohnraum, Gewalt durch fanatische Siedler, etc.) für die palästinensische Bevölkerung. In den letzten Jahren wurden von der Jerusalemer Stadtverwaltung nur acht Prozent aller Baugenehmigungen in Ostjerusalem erlassen, womit viele palästinensische Familien sich dazu gezwungen sehen, „illegale“ Baumaßnahmen vorzunehmen – was oftmals zu hohen Geldstrafen und/oder Hauszerstörungen führt. So wurden im Jahr 2016 123 Häuser auf Erlass der Jerusalemer Stadtverwaltung zerstört und hunderte palästinensische Bewohnerinnen und Bewohner obdachlos gemacht. Die palästinensischen Jerusalemer verfügen über eine Jerusalem-ID, was jedoch nicht einer Einbürgerung entspricht, womit sie auch keinerlei staatsbürgerlichen Rechte haben. Obwohl sie gleich viel an Steuern wie die israelischen Bewohnerinnen und Bewohner in Westjerusalem zahlen, wird von der Jerusalemer Stadtverwaltung nur marginal in Infrastruktur (wie beispielsweise Straßenbau, Müllabfuhr, etc.) investiert. Seit Jahren sehen die muslimischen Bewohnerinnen und Bewohner die Sicherheit des drittwichtigsten Heiligtums des Islams, des Al-Haram Aš-šarīf, durch die israelische Regierung bedroht. Christinnen und Christen erleben nicht nur zu Ostern Einschränkungen ihrer Religionsfreiheit, christliche Stätten wie beispielsweise Klöster und Kirchen werden immer wieder Ziel von Anschlägen, verübt von fanatischen jüdischen Siedlern.
„Dies ist die tagtägliche Realität in Jerusalem, vor der Trump Augen und Ohren verschließt. Die äußerst sensible Frage von Jerusalem kann nur durch Verhandlungen auf der Grundlage von Völkerrecht und UN-Resolutionen geklärt werden, nicht durch eine einseitige Positionierung der USA. Die Europäische Union, aber auch die österreichische Bundesregierung ist dringend dazu aufgerufen, sich deutlich zu positionieren und den Schritt der USA zu verurteilen“, so Botschafter Salah Abdel Shafi. „Die einzig angemessene Reaktion kann hier nur die Anerkennung des Staates Palästina mit Ostjerusalem als Hauptstadt sein.“